Mehrarbeitszuschläge, die von Arbeitgebern ausgezahlt werden, gehören zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung und sind beitragspflichtig. Das gilt auch für Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte, so die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung.
Strittig war in den letzten Jahren, in welchen Fallkonstellationen Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeitbeschäftigten mit Blick auf eine Gleich- oder Ungleichbehandlung mit Vollzeitbeschäftigten arbeitsrechtlich zulässig gewährt werden können.
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben deshalb in einer Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 21. Mai 2025 (Tagesordnungspunkt 3) empfohlen, Beitragsforderungen aufgrund von Ansprüchen auf Mehrarbeitszuschläge nur noch dann zu erheben, wenn entsprechende Sachverhalte arbeitsgerichtlich geklärt sind oder deren Beurteilung aus der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung rechtssicher abgeleitet werden kann.
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung und die Erhebung von Beitragsforderungen auf solche Zuschläge von der arbeitsrechtlichen Beurteilung und der höchstrichterlichen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung abgeleitet.
Bisherige arbeitsrechtliche Beurteilung:
Teilzeitbeschäftigte hatten nach der damaligen Rechtsprechung einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge, soweit arbeitsvertragliche, betriebliche oder tarifvertragliche Regelungen vorsehen, dass die Mehrarbeitszuschläge über die Differenz der monatlichen oder jährlichen Teilarbeitszeit zur Vollarbeitszeit hinaus gezahlt werden. Zudem musste mit den Zuschlägen zweifellos der Zweck verfolgt werden, Einbußen der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit zu belohnen und Arbeitgeber von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer abzuhalten.
Neue arbeitsrechtliche Beurteilung nach Einschaltung des europäischen Gerichtshofs:
Das Bundesarbeitsgericht hat im Dezember 2024 nach Anfrage des europäischen Gerichtshofs seine bisherige arbeitsrechtliche Beurteilung aufgegeben und festgestellt, dass vertragliche Regelungen zu Mehrarbeitszuschlägen gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter verstoßen, wenn die Regelungen für Mehrarbeitszuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzen.
Die Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten muss nach der neuen Rechtsprechung sachlich gerechtfertigt sein. Der Grund muss sich aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lassen.
Die sich aus der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergebenden Anforderungen an die arbeitsrechtliche Prüfung von Ansprüchen auf Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte sind komplex. Sie erfordern eine arbeitsrechtliche Expertise, die bei den Arbeitsgerichten und nicht bei den Sozialversicherungsträgern vorliegt.
Folgen für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung:
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben deshalb in einer Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 21. Mai 2025 (Tagesordnungspunkt 3) empfohlen, Beitragsforderungen aufgrund von Ansprüchen auf Mehrarbeitszuschläge nur noch dann zu erheben, wenn entsprechende Sachverhalte arbeitsgerichtlich geklärt sind oder deren Beurteilung aus der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung rechtssicher abgeleitet werden kann.
Diese neuen Grundsätze für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Mehrarbeitszuschläge gelten für Beschäftigungszeiten ab dem 1. Juni 2025.